Wenn man sich (fast) zuviel vornimmt: die Waldorfpuppe

PuppeLetztens, als ganz Berlin den Herbst feierte und auf dem Tempelhofer Flugfeld Drachen steigen ließ, saß ich in einer kleinen Textilwerkstatt der VHS Steglitz und löste ein zehn Jahre altes Versprechen ein. So lange hatte ich nämlich schon vor, für meine Tochter eine Puppe zu nähen, genauer gesagt, ein Waldorfpuppe. So eine mit wenig Gesicht und nach Möglichkeit mit Wolle gestopft. Ein Anleitungsbuch steht schon genauso lange in meinem Bücherregal (unter „Weiß“). Gut, dass ich mir das Versprechen nur selber gegeben habe, mein Kind hätte bestimmt nicht so lange geduldig darauf gewartet. Jetzt ist das Kind zwar schon zehn Jahre alt, aber es gibt da ja noch meine kleine Nichte, und da dachte ich, das wäre für sie doch ein schönes Weihnachtsgeschenk. Aber für die Kleine eine Puppe nähen und meine Tochter hat immer noch keine? Kommt nicht in Frage, also als erstes eine große Puppe für die Große. Sagte ich mir und blätterte zum xten Mal das Buch durch. Und traute mich immer noch nicht. Und meldete mich letztlich bei der VHS zum einem Wochenendkurs an, in der Hoffnung dann wenigstens schon mal eine Puppe zu haben und danach für eine eventuelle zweite zu wissen, wie es geht.

Und so fand ich mich mit acht weiteren Frauen eben in der Textilwerkstatt wieder und stellte fest, dass zwar die Kursbeschreibung eigentlich „Waldorfpuppen“ lautete, aber alle anderen etwas anderes machten. Kleine Blumenwichtel, Krippenfiguren oder flauschige Kuschelpuppen („Häwelmänner“), die mit der Waldorfpuppe im wesentlichen nur die Gestaltung des Kopfes gemein haben. Und es gab noch eine weiteren Unterschied zwischen den anderen Damen und mir: Die wussten alle, was sie taten. Alle hatten schon mindestens ein Werk dieser Art fertig gestellt, einige sogar Dutzende. Nur ich hatte bis jetzt nur Socken gestrickt. Und dann wollte ich als komplettes Greenhorn auch noch eine große Puppe machen.

Um es kurz zu machen: Ich bin mit einer Puppe aus dem Kurs gegangen. Mein Kind liebt sie. Auch wenn sie noch keine Haare hat. Darüber hinaus habe ich unendlich viel gelernt in drei Tagen. Zum Beispiel, dass Steglitz-Lichterfelde zu weit weg ist, um die Fahrt regelmäßig zu machen. Dass die Ringbahn immer voll ist, auch am Wochenende. Dass Nähmaschinen nicht beißen, auch wenn sie so aussehen. Die wichtigste Erkenntnis ist aber vielleicht, dass ich noch eine Weile (und mehrere kleine Projekte und viel Hilfe) brauchen werde, bis ich mich noch mal an eine richtige Puppe wage. Aber meine Nichte ist ja erst ein Jahr alt. Bis die zehn ist, kriege ich das sicher hin.

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