Eine Reise durch die Welt des Tees – heute: die russische Teezeremonie

„Und den Samowar, den erbst Du dann, wenn ich mal nicht mehr bin“ sagte meine Oma schon zu Lebzeiten zu mir. Nun ist sie nicht mehr und der Samowar steht bei mir auf der Anrichte. Meine Großeltern haben sich das Riesending vor über 25 Jahren von einer Reise zur Krim mitgebracht und ich kann mich noch daran erinnern, wie sie mir stolz zeigten, wie die Russen ihren Tee trinken. Russland – das war für die durchschnittliche westdeutsche Schülerin damals so weit wie Zentralafrika und ungefähr genauso viel wußten wir darüber. Deswegen hat es mich so fasziniert.

Ein Samowar ist ein pokalähnliches Gebilde mit Deckel und Hahn. In das Innere wird Wasser gefüllt. Schon damals gab es hauptsächlich welche, die ähnlich einem Wasserkocher das Wasser elektrisch erhitzen und dann warmhalten – gerne auch den ganzen Tag, was bei den Temperaturen dort Sinn macht. Auf dem Deckel des Samowars kommt eine Teekanne mit sehr starkem Sud, der dadurch ebenfalls sehr lange heiß bleibt.

Für die Herstellung des Teesuds übergießt man eine kräftige Assam-Mischung, Dosierung 20 (!) Löffel pro Liter, mit kochendem Wasser. Diese wird nach 3-4 Minuten abgesiebt, in die kleine Kanne zurückgegeben und auf den Samowar gestellt.

Jeder nimmt sich jetzt ein wenig von dem Sud und verdünnt ihn mit dem heißen Wasser, das man mittels des kleinen Hahnes aus dem Samowar bekommt. Üblich sind Mischungsverhältnisse 1:3 bis zu 1:5.

Milch wird eher nicht in den Tee gegeben, dafür wird er sehr süss getrunken. Gesüßt entweder mit Zucker, traditioneller ist aber Konfitüre, die entweder in den Tee gegeben oder direkt in den Mund gelöffelt und mit dem Tee quasi umspült wird. Dazu wird gerne sehr süsses Teegebäck gereicht.

Samoware mit heißem Wasser stehen übrigens auch heute noch in Russland an jedem erdenklichen öffentlichen und halböffentlichem Ort – vergleichbar mit den Trinkwasserspendern in den USA. Und ich schwöre, ich habe sogar mal bei einer russischen Fluglinie Tee aus einem Samowar bekommen, der den Gang entlang geschoben wurde und das war in der Holzklasse.

Wenn es etwas gibt, worauf ich mich dieses Jahr im Herbst freue, dann sind es die Tage, an denen ich mit Freunden einen Samowar-Nachmittag machen werde. Und mich daran erinnere, wie schön es damals war, als ich mit Oma und Opa am Küchentisch gesessen, russischen Tee getrunken und urdeutsche Plätzchen gegessen habe.

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