Alles hat seine Zeit

… und Advent ist im Dezember. Eigentlich hatte ich erwartet, mich zu dieser Zeit im November schon mehr als einmal über den zu früh einsetzenden Weihnachtsrummel aufgeregt zu haben. Aber irgendwie findet der gerade noch gar nicht statt. Dekorierte Straßen? Fehlanzeige, bis auf leise Anfänge von Festbeleuchtung an Einkaufszentren, die aber auch erst auf den zweiten Blick als weihnachtlich inspiriert zu erkennen sind, ist mir in den Straßen noch nichts aufgefallen. Der einzige Mensch mit Weihnachtsmannmütze war ein armer Irrer, der sich gestern lautstark durch die S-Bahn schimpfte, und ehrlich, so einer kann einem in Berlin das ganze Jahr über begegnen. Keine Weihnachtsbaumhändler, kein Jingle Bells. In den Geschäften sieht das anders aus. Die Lebkuchen und Dominosteine liegen da seit September, wie jedes Jahr, und inzwischen wurde auch mit künstlichem Grün und Silberkugeln nachgerüstet. Aber auch dort kein Gedudel, kein Weihnachtsmann. Sollte die Welt zur Vernunft kommen? Eher glaube ich ja, dass den Betreibern der Zusammenhang zwischen Weihnachtsbeleuchtung á la Tim Taylor und der Stromrechnung klar geworden ist. Warum auch immer, jedenfalls führt der Mangel an Firlefanz bei mir dazu, dass ich mich zum ersten Mal seit sehr, sehr langer Zeit auf die Weihnachtszeit freue. Und zwar, noch bevor sie angefangen hat.

Was jetzt nicht heisst, dass ich mich wie irre in die Vorbereitung stürze, um auch ja zum ersten Advent alles fertig zu haben. Da wird es hier, wie jedes Jahr, nur das erste Licht geben und sonst nichts. Aber vielleicht können die vier Wochen danach wirklich mal eine Zeit des Ankommens sein. Vielleicht kann Weihnachten mal mehr sein als nur Heiligabend, oder sogar nur die gute dreiviertel Stunde in der Mitternachtsmesse, in der man erleichtert denkt: „Wieder überstanden!“ Vielleicht kann der Advent mal den ganzen Advent dauern.

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