Der Schrecken der 80er

Ich habe heute den letzten Schrank in dem zerlegt, was bis vor kurzem mal unser Arbeitszimmer war und – nur für das Protokoll – wegen meiner hätte der Raum gerne noch so bleiben können, wie er war. Aber wie dem auch sei, ich zerlegte also mit Hilfe sanfter Gewalt, einem Hammer und meinem Fuß das Ungetüm aus schwarz-funierter Spanplatte als ich kurz leicht wehmütig wurde. Ich meine, jeder von uns der 35 oder älter ist erinnert sich an die wirklich, ehm, interessante Mode, die wir damals zur Schau trugen. Ich sag nur Vanilla-Karottenjeans, Fledermaus-Pastell-Pullis und knöchelhohe Adidas-Turnschuhe. Nicht zu vergessen die wirklich abenteuerlichen Frisuren.

Aber was wissen wir noch von der durchschnittlichen Einrichtung?

Quelle: Daniel Christensen, en.Wikipedia

Fangen wir bei der Küche an, es kamen die ersten Crean-Felder. Ich weiß noch genau, wie meine Mutter eine der ersten in der Siedlung war, die eins bekam. Zusammen mit einer Einbauküche, die bis ganz nach oben zu Decke ging und dort abschloß. Für eine Spülmaschine reichte es damals noch nicht, was einerseits dem Platz in unserer kleinen Küche geschuldet war, andererseits aber auch schlicht für unnötig erachtet wurde. Von meinen Freunden hatte Mitte der 80er niemand eine Spülmaschine zuhause stehen. Dafür aber eine Mikrowelle, die breitete sich innerhalb von Monaten inflationär aus. Bei genauerer Betrachtung sahen sie nicht viel anders aus als heute. Übrigens war unsere Küche weiß – sehr im Gegensatz zum Großteil der restlichen Küchen, die durch verschiedene Brauntöne bestachen. Inklusive erdfarbenem Fliesenspiegel.

 

 

Wer damals jung war, sich neu einrichtete und was auf sich hielt, der kaufte sich für das Wohnzimmer eine schwarze Schrankwand – je nach Geldbeutel echt funiert oder aber mit Plastikfolie beklebt. Aber immer mit von innen beleuchteter Glas-Vitrine. Immer.  Und in dieser Vitrine standen dann die Leonardo-Gläser in allen möglichen Ausprägungen sowie das unvermeidliche Teeservice – gerne grau-blau – mit Stövchen für den Wildkirsch-Tee. Gegenüber stand dann meist eine der dunklen Sofaungeheuer, die mit einem knatschbunten Graffittidesign verschönert waren. Komplettiert wurde das Ensemble dann mit einem Wohnzimmertisch, bei dem Holz eine grauenhafte Laison mit in den seltsamsten Farben daher kommenden Kacheln eingingen. Der Boden war so gut wie immer mit robuster Auslegware Abteilung „Salz und Pfeffer“, damit man eventuelle Flecken nicht so sieht.

 

Der zog sich auch ins Schlafzimmer, in dem wenig mehr stand als ein Gitterbett – wer richtig Kohle hatte investierte in eine 1,40m Spielwiese. Wenn es irgendwie ging,  stellte man es so auf, daß es gegenüber dem zwei- bis dreitürigen Pressspan-Kleiderschrank in schwarz, bei Lamellen wurde nicht nein gesagt und die Spiegeltür war ein Muss. Wenn man dann noch Geld übrig hatte, investierte man in ein passendes Nachtschränkchen. Als Beleuchtung schwebten über allem taghell die neuen Halogen-Lichtleisten – indirekte Beleuchtung war in meinem Bekanntenkreis schlicht unbekannt. An die Wände kamen Drucke, die entweder Werke berühmter Expressionisten, Surrealisten oder Impressionisten (den Unterschied kannten die meisten von uns eh damals noch nicht) zeigten oder aber Fotographien, die jeder zweite im Zimmer hängen hatte.

Hachja.

Jahre später also verbaute der Autor ebenjene Schrankwände und den Kleiderschrank zu Arbeitszimmerregalen, die wir wiederum jetzt von den Wänden reissen und den Weg alles Irdischen gehen lassen – bis auf diejenigen, die vom Nachbarn noch als Dämmung verwendet werden können. So ein wenig Wehmut hatte ich schon, als ich die häßlichen Dinger zusammengetreten haben. Aber eben nur ein bißchen.

 

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