Mediterane Gärten

Die Sehnsucht nach dem Süden ist ein Konzept, dass die gesamte mitteleuropäische Gartenkultur wie ein Muster durchwebt. Im St. Gallener Klosterplan ist belegt, dass schon im 9. Jahrhundert Pflanzen wie Rosmarin oder Salbei nördlich der Alpen kultiviert wurden.

Im hiesigen Teil der Welt können große Teile der Potsdamer Kulturlandschaft als Versuch betrachtet werden, romanisch-welschem Flair nachzueifern. Gerade in der Goethezeit nahm die Italienversessenheit fast groteske Züge an. Stichwort: „Kennst Du das Land wo die Zitronen blühn?“. Frau Mignon, die verkörperte Sehnsucht gen Süden, singt weiter (wir zitieren aus dem Original: Wilhelm Meisters theatralische Sendung von J.W.von Goethe):

Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und froh der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin

Generationen von Gärtnern sind und waren angestachelt vom Ehrgeiz, als Erste(r) Wein, Dattel und Pomeranze das Erfrieren abzugewöhnen. Koste es was es wolle. Das wohl prominenteste Beispiel sind die Terrassen von Sanssouci, wo nach einer Idee des alten Fritz, Feigen in kleinen verglasten Mauernischen hernagezogen werden sollten. Es hat funktioniert – temporär zumindest.
In der neueren Zeit ist natürlich viel Pflanzenschnickschnack aus aller Herren Länder dazu gekommen. Guten Mutes setzen unbedarfte Gartennovizen Tropengewächse den hiesigen sibirischen und arktischen Tiefausläufern aus. Wie viel Leid, Frust und Terror diese grausame Praxis bei unseren grünen Freunden mit Migrationshintergrund angerichtet hat, kann an dieser Stelle nur vermutet werden.
Auch in der modernen Gartenarchitektur spielt der mediterrane Garten eine zentrale Rolle.

Was ist damit gemeint?

Um weitere Qualen von meinen pflanzlichen Lieblingen abzuwenden, wollen wir mit den ganz sicher winterharten Kandidaten für einen Mittelmeer-Gartens beginnen. Genau deshalb müssen Oleander, Granatapfel und Bougainvillea die Hälfte des Jahres dort bleiben wo sie hingehören – nämlich drinnen.

Prototypisch für eine mediterrane Bepflanzung ist der Lavendel (Lavandula angustifolia). Grau-silbrige Belaubung, kühle Blütenfarben (weiß-blau-rosa) und die generöse Abgabe von ätherischen Ölen lassen südliche Gefühle aufkommen. Besonders die Sorte „Munstead“ ist zu empfehlen. Selbst weniger erfahrene Junggärtner haben schon einmal gehört, dass sich Lavendel gut mit Rosen verträgt. Er verlangt aber auch geradezu nach einer Kombination mit Gräsern, Schotter, Kies und Steinen, die seinen natürlichen Wuchsbedingungen entsprechen. Sehr gut funktioniert das mit Gartenreitgras (Calamagrostis x acutiflora „Karl Foerster“ oder dem Lampenputzergras (Pennisetum x alopecuroides „Hameln“). Während das erstgenannte eher dem leptosomen Kostitutionstyp entspricht, sollte man Pennisetum großzügig Platz zumessen, da es groß wird (ohne sich unerlaubt auszubreiten).

Sehr viel südlicheren Gefilden als Brandenburg zugehörig wirkt die Palmlilie (Yucca filamentosa). Sie ist aus Gärtnersicht zahm wie ein Lämmchen . Zusätzlich bleibt dieses Pflanzenwunder im Winter grün, ist frosthart wie ein Eisbär und blüht mit einem ganzen Stamm voller Lilienblüten von Juli bis August. Sehr schön macht sich das mit Gräsern, Kugellauch und Eselsohr (Stachys lanata) in einer Fläche aus mineralischem Mulch – also Kies, Geröll, Schotter oder Splitt als Bodenbedeckung. Überhaupt sind diese Pflanzen dankbar wenn der Boden eher nährstoffarm und mager ist. Dass sie in vollster Sonne stehen möchten, versteht sich von allein.

Ein sehr brauchbares Substitut für den im Mittelmeerraum unverzichtbaren aber leider nicht frostharten Ölbaum ist die Weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia), die in Ihrer Hängeform „Pendula“ äußerlich der Olive sehr nahe kommt und in etwa auch deren Dimension erreicht (5-8m Höhe).


Quelle: Radomil für Wikipedia

Von der baulichen Seite passen in den mediterranen Garten gut Ziegel- und Terracottafarben von gebranntem Ton, wie Pfanzgefäße, Klinkermauerwerk, Tonskulpturen etc. und natürlich alle hellen Natursteine wie Quarz, Marmor oder Travertin. Der Klassiker sind mit Kies oder Splitt aus diesen Natursteinen bestreute Wege.

 

 

 

 

 

Zum Schluss soll noch eine Pflanze vorgestellt werden, die den gärtnerischen Ehrgeiz zur Versüdlichung belohnen könnte: die Bitterorange (Poncirus trifoliata). Ein Wildstrauch der häufig als Veredelungsunterlage für Citrusfrüchte in rauen Lagen dient und in Blüte und Frucht der Orange recht ähnlich ist. Temperaturen bis –20° Celsius übersteht die Bitterorange entsprechend zuverlässiger Internetquellen klaglos. Gartenfreunde berichten, dass seit Jahrzehnten ein Exemplar im Arboretum der Späthschen Baumschule in Berlin überdauert. Die Winterhärte nimmt wie bei vielen Pflanzen mit dem Alter zu. Ab –20° C wird auch bei der Bitterorange ein zusätzlicher Winterschutz aus Schilfmatten, Laubsäcken oder einer kleinen verglasten Mauernische erforderlich.


Quelle: Bernhard Voß für Wikipedia

Frau Mignon hätte sich dennoch gefreut 🙂

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