Der Geldbaum in der Krise

In meinem Küchenfenster steht eine wilde Pflanze. Man nennt sie Dickblatt oder Geldbaum und wer abergläubisch ist, der sagt, wenn die Pflanze eingeht, ist die Pleite nicht weit.

Letztens wurde ich von meinem Schwiegervater angezählt, wie Frau Merkel vom IWF. Meine Küchenpflanze sehe aber gar nicht gut aus, da müsse ich was machen. Es war mir ehrlich noch nicht wirklich aufgefallen. Den Geldbaum, bei uns nur die Hecke genannt, haben wir zu Hochzeit bekommen. Er begleitet uns also seit zwölf Jahren und wenn man da so täglich drauf oder eher drüber wegsieht, fallen einem schleichende Veränderungen gar nicht so auf. Aber mein Schwiegervater ist in unserer Familie der mit dem grünen Daumen und natürlich hatte er recht. Unter der Pflanze lagen regelmäßig viele vertrocknete Blätter, und auch am Stamm sehen die Blätter nicht wirklich gut aus. Und so durcheinander gewachsen, irgendwie ins Kraut geschossen, genau wie die Finanzen der EU.

Also im Netz gesucht, was ich falsch mache, und stellte fest: Der Geldbaum mag es hell und trocken. Nicht viel gießen, sparsam düngen. Und eigentlich sehen Geldbäume gar nicht so „durchwachsen“ aus wie unserer. Die sollten eher nach oben wachsen, als in die Breite wie unsere Hecke. Wenn da so ein Durcheinander passiert, dann liegt das an einer zu hohen Temperatur im Winter. Alles, was nach unten und nach innen wächst, scheint schon ein Fehler zu sein. Könne man abschneiden, die Pflanze treibt dann wieder aus. Schuldenschnitt auf dem Fensterbrett. Und immer schön im Auge behalten, auf welche Form man eigentlich hinaus will.

Zweimal geschluckt. Meinen Mann angerufen, ob er abergläubisch sei. Ob ich unsere Finanzen oder unsere Ehe gefährde, wenn die Operation am Geldbaum schief geht. Nein, sagt er, ran ans Messer. Tief Luft geholt und los ging’s.

Als ich den starken Seitentrieb abschnitt, der fast direkt aus der Wurzel zu kommen schien, war mir, als würde ich die Griechen eigenhändig aus der EU werfen. Jetzt kommt das Resultat quasi zur Reha erstmal auf den Balkon in die Sommerfrische. Und im Winter dann ins Schlafzimmerfenster. Im nächsten Jahr sehen wir dann, ob wir die Krise überstanden haben.

Ich hätte dann jetzt jede Menge Ableger. Jemand Interesse?

 

Vielen Dank an die Gärtnerin vom Garten-Blog für mutmachenden Beitrag!

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