Meiner Meinung nach von Mitte April bis Anfang Juni.
Statistisch gesehen blühen die meisten Pflanzen in diesem Zeitraum.
Das Grün ist schon voll da, es hat aber noch diese unirdische Zartheit und Frische. Alles wächst mit atemberaubender Gechwindigkeit und Kraft.
Diese Erkenntnis trieb wohl auch die Initiatoren vieler Gartenfestivals an, denn die meisten lassen ihre Feten just in dieser Zeitspanne steigen. Wir haben mithin noch etwas Zeit unsere Pläne zu schmieden und zu überdenken welchen Einladungen wir gerne folgen möchten. Aber die Uhr tickt.
Am 24. Mai startet die Mutter aller Gartenschauen, die göttliche Chelsea Flower Show in London, United Kingdom. Ob es noch Tickets gibt, weiß ich nicht. Ich hab meins schon seit November :}. Der erste Tag im ehemaligen königlichen Krankenhausgarten ist ohnehin nur für Royals und ausgewählte Journalisten zugelassen. Was man ab dem zweiten Tag als Normalsterblicher geboten bekommt, lohnt jeden Streß und Aufwand. Zum Beispiel dass man dort ab 10:00 Uhr nur noch passiv, in einer Art Loveparade für Geronten bewegt wird. Der Einlass beginnt um 8:00. Deshalb sind die ersten beiden Stunden meiner Meinung nach die wertvollsten. Denn ich persönlich hasse Massenveranstaltungen. In diesem Fall ist die Ausnahme jedoch mehr als gebongt. Die Engländer gehen aber auch anders damit um. Das Gedränge bleibt immer höflich, freundlich und distinguished.
Das eigentliche Highlight in Chelsea sind die Sponsorengärten. Auf einer Fläche von +/- 200 qm präsentieren Firmen, Staaten (The Australian Garden), Trusts und Foundations das, was in der ambitioniertesten Gartengsestaltung überhaupt nur im entferntesten denk- und realisierbar ist. Ohne gemeinsamen Zusammenhang, ohne Thema und ohne übergreifendes Konzept. Die Parzellen sind jedes Jahr die gleichen, die Gärten immer ganz anders. Tatsächliche Herstellungskosten für diese Preziosen werden nicht genannt. Sie sollen im sechs- bis siebenstelligen Bereich liegen, Pfund wohl gemerkt. Jede Beschreibung ist zum scheitern verurteilt. Das Rezept aber ist ganz einfach: simply the best. Die Gärten dürfen natürlich nicht betreten, lediglich von außen bestaunt und fotografiert werden. Die Schau selbst dauert nur fünf Tage bis zum 28. Mai. Dann wird alles wieder abgebaut. Ab Juni sind dann alle gehobenen Gartenzeitschriften voll mit Bildern dieses wirklich außergewöhnlichen Events. Das Feeling vor Ort ist bei Sausages, Fish&Chips und Pimm´s N°1 einfach himmlisch britisch.
Bild: Garden Festival Press Folder
Ganz anders funktioniert die N° 2, das Gartenfestival in Chaumont sur Loire. Das Festival International des Jardins hat jedes Jahr ein neues Thema. Das der Edition 2011 lautet: „Jardins d’avenir ou l’art de la biodiversité heureuse“. Also irgendwas mit Garten der Zukunft, Kunst und fröhlicher Biodiversität. Bitte, der Franzose liebt die intellektuelle Herausforderung. In Chaumont gibt es gesetzte Gartengestalter (Grüne Karte) und solche, die sich mit ihrem Konzept erst bewerben und dann durchsetzen mußten. Insgesamt stehen bei den 25 veränderlichen Gärtlein mehr die Planerpersönlichkeiten im Vordergrund. Die Konzepte der Themengärten sind verspielter, unperfekter und weniger aufw(ä)endig (wie schreibt man das jetzt?) realisiert. Dennoch hat sich das Festival in Chaumont ein festen Platz in der obersten Liga der europäischen Gartenfeste erobert. Es öffnet am 22. April und endet am 16. Oktober. Ähnlich wie in Chelsea ist das Umfeld natürlich großartig. Das wundervolle Loire-Schloß Chaumont, die Loire-Schlösser überhaupt und Frankreich und das ganze drumherum sowieso. Das Essen, der Wein, die Lebensart man kennt es und man liebt es oder eben nicht.
In Deutschland kommt der Marktführer in Sachen temporärer Gartengestaltung aus Ippenburg in der Nähe von Osnabrück. Seit 13 Jahren öffnet Freifrau von dem Bussche zu Ippenburg regelmäßig unter dem Motto „Gartenlust und Landvergnügen“ an Pfingsten die Pforten Ihres bescheidenen Schloßparks, um die geneigte Öffentlichkeit an den neuesten Errungenschaften ihres Gestaltungswillens teilhaben zu lassen.
Bild: Hompage Schloss Ippenburg, Fotografin: Iris Nepke
Es handelt sich mithin um eine Privatparty, die aber jedem, der bereit ist anzureisen und das Ticket zu lösen offen steht. Das Ganze ist ein Event und das Leben wird zum Ponyhof. Verkaufsstände, Kanufahrten im Schloßgraben oder der freiherrliche Kuchen- und Kräutergarten bilden einen Erlebnisrahmen für die ganze Familie.
Ganz im Gegensatz dazu steht die hochseriöse und staatssubventionierte Tradition der Landes-, Bundes- und Internationalen Gartenschauen. Veranstaltungen, die meist etwas mit städtebaulichen Problemfeldern zu tun haben. Solche Schauen sollen Randlagen, Abseiten oder Brachen sanieren und aufwerten. Ein Beispiel dafür ist der Britzer Garten in Berlin, die ehemalige BUGA 1983, die eine abgewirtschaftete Kiesgrube in einen bis heute attraktiven Park verwandelte.
Bild: Bildkatalog Britzer Garten
Oder die Eberswalder Landesgartenschau 2002 auf dem Gelände der ehemaligen und stillgelegten Stahlwerke, die man sich heute als Familiengarten Eberswalde reinziehen kann. Für die Gestaltung des zu seiner Entstehungszeit wirklich äußerst gelungen Gartens zeichnete das Berliner Büro Topotek 1 verantwortlich. Das unter vielem anderen auch das KPM Quartier in Berlin Charlottenburg entworfen hat.
Ein ganz heißer Tipp zum Schluß: Die Gärten der Welt in Berlin Marzahn. Nicht temporär, aber es kommt immer wieder was Neues hinzu. Ende April (sic!) eröffnet der neue Christliche Garten, gestaltet von meinen geschätzten Kollegen Marianne Mommsen und Gero Heck.
Die bereits bestehenden, also der Chinesische, der Orientalische, der Koreanische und der Renaissancegarten wurden mit Hilfe von EU-Fördermitteln auf dem Gelände des ehemaligen DDR-Erholungsparks Marzahn als vollendete Kleinode der Gartenkunst erschaffen (Der Balinesische und der Labyrinthgarten können da nicht ganz mithalten).
Bild: Bildkatalog Gärten der Welt
Vor allem der Japanische Garten, gestaltet von dem aller Ehren werten Kenkohjitempel-Oberzenpriester, Universitätsprofessor und Landschaftsarchitekten (was manche Leute alles hinkriegen!?) Shunmyo Masuno, ist genau meine Tasse Tee. Der wohl schönste japanische Garten in Europa. Dort kann man sich übrigens auch einen Kare san sui anschauen.