Die erste Phase ist abgeschlossen: Das Arbeitszimmer ist nackt und
kahl, ganz tabula rasa. Eigentlich brauchen wir jetzt einen
neuen Fußboden. Aber da gibt es noch ein Problem:
Folgender Hintergrund: Als wir ins Haus einzogen, bauten die
Elektriker an diversen Stellen im Haus nicht nur einige zusätzliche,
dringend benötigte Steckdosen ein, sondern verlegten im ganzen Haus
Ethernet-Kabel unter Putz — im Wohnzimmer, im Esszimmer, in den
Schlafzimmern, in den Kinderzimmern, etc. In einem Akt der weisen
Voraussicht haben sie dabei gleich Cat 5e verwendet, das auch für
Gigabit-Ethernet taugt (Cat 6 war damals nicht bezahlbar). Das mag im
Zeitalter des 802.11n-Standards etwas veraltet klingen, aber
dummerweise scheinen Fußboden- und Fußbodenheizung massiv den Empfang
zu stören, so dass wir dankbar dafür sind. Und außerdem ist Kabel
immer noch deutlich schneller.
Insgesamt laufen acht Kabel aus dem ganzen Haus im Arbeitszimmer
zusammen und kommen in der rechten Ecke an, über dem zukünftigen Tisch
G. Äh, nochmals zur Erinnerung, wo G liegt:
Diese acht Kabel bilden das graue Bündel ganz rechts im ersten Foto,
das in eine silberne Kiste läuft — ein Patch-Board mit 16
Steckplätzen. Bislang war das Ding im Regal hinter dem Eckschreibtisch
eingebaut und auch die Kabel waren versteckt. Zwei weitere
Ethernet-Anschlüsse waren in einem vorderen Teil des Schreibtisches
eingebaut, aber leider an der völlig falschen Stelle.
Um das Chaos perfekt zu machen: auch die Telefonleitungen für das Haus
laufen in diesem Zimmer ein, und zwar bei E. An ihnen hängen die zwei
weißen Kisten, die DSL und Telefon zur Verfügung stellen. Die
Schnittstelle zwischen Internet und Telefon ist eine FritzBox, die
links von dem Patch-Board hängt (wie alles andere im Moment an
provisorischen Haken, die in bestehende Dübellöcher geschraubt
wurden). Die Kiste dadrunter ist ein 16er-Gigabit-Switch, und das
dunkle Ding daneben ist eine Telefon-Ladestation.
Alles klar? Fein. Irgendwann müssen wir dieses Rattennest nämlich
wirklich ordnen.
Wer genau hinschaut, wird merken, dass nur zehn statt 16 kurze Kabel
vom Patch-Board zum Switch laufen. Denn bislang wurden alle
Netzwerkkabel im Arbeitszimmer selbst — die für Laptops, Server,
Drucker, etc — direkt von den Geräten zum Switch geführt, und zwar
gnadenlos hinter den Schränken, unter den Möbeln, in den Ecken, halb
ums Zimmer. Wehe, es musste ein Rechner irgendwo anders aufgestellt
werden, oder man kam auf die Idee, von Cat 5 auf Cat 5e zu wechseln:
Dann mussten lange, lange Kabel gesucht, gezogen oder gelegt werden.
Genau das wollen wir jetzt anders machen.
Die Lösung ist auch auf dem Bild zu erkennen: Kabelschächte und Brüstungskanäle.
Das war ein Vorschlag der Elektriker: statt massenweise die Wände
aufzureißen, könne man doch die von oben einlaufenden Kabel in einen
senkrechten Schacht stecken (der sich abdecken lässt, was bislang
nicht nötig war) und von A bis F Brüstungskanäle legen (die
waagerechten Kanäle, in denen die Dosen selbst stecken). Leichter zu
warten, leichter zu erweitern, leichter anzubringen. Ich hatte bis
dahin noch nie etwas davon gehört. Am Ende haben wir sie im Werkraum
und im Arbeitszimmer eingebaut, wo die Optik eher zweitrangig ist.
Wunderbar praktisch — wenn man sie denn nur richtig benutzt.
Hauptsächlich haben wir dort nur die langen, langen Kabel versteckt,
oder sie waren schlicht zugebaut.
Schluss damit! Ab jetzt verstecken wir so viel Kabel wie möglich in
geschlossenen (!) Schächten und Kanälen und verpassen ihnen
Anschlussdosen. Die Computer etc. werden dann über kurze, leicht
zugängliche Kabel an die Anschlüsse in den Brüstungskanälen
angeschlossen und nicht mehr direkt am Switch.
Genauer:
Die zwei bestehenden Ethernet-Anschlüsse im
Arbeitszimmer kommen nach C. Sechs neue
Anschlüsse kommen jeweils paarweise unter E, G und an die
rechte Wand. Zusammen mit den acht aus dem restlichen Haus sind damit
Patch-Board und Switch voll, und niemand muss jemals mehr an ihnen
herumstecken.Dazu muss aber an die rechte Wand ein
weiterer Brüstungskanal, der neben den zwei
Ethernet-Anschlüssen gleich noch zwei Steckdosen bekommt.
Die Anschlüsse an der rechten Wand sind für den Fall, dass irgendwas
auf dem Großen Tisch F aufgebaut werden soll — falls die Planspiele
für die Welteroberung mehr Platz brauchen, zum Beispiel. Man weiß ja
nie, ob sich der Gegner auf den Mond zurückzieht oder so etwas.
Was bei der ganzen Sache hilft: Die Elektriker haben noch zwei Meter
Brüstungskanal, einige Anschluss-Becher und etwa ein Drittel einer
Kabelrolle von Cat 5e übriggelassen, die bislang im Abstellraum Staub
gesammelt haben. Wie gut, dass wir nichts wegschmeißen, oder auf jeden
Fall nicht, wenn ich die Schönste Germanin daran hindern kann.
Für den Rest gilt: Ethernet-Dosen, unterputz, 2 x RJ45 für Cat 5e
bekommt man für etwa je sechs Euro. Daran die Ethernet-Kabel
anzuschließen, ist nicht wirklich schwer, aber eine gewisse Fummelei,
weil man halt die einzelnen Adern entsprechend der Farbe mit einem
Spezialwerkzeug an die richtige Stelle quetschen muss. Um die fertigen
Dosen zu installieren, stecken wir zuerst die Becher in den
Brüstungskanal und schrauben sie dann ein.
(Für Freaks: Das “B” im Foto steht für die Verkabelungsart, weil
einige der Dosen im Haus auch nach dem “A”-Muster angeschlossen
wurden. Warum, ist nicht mehr klar.)
Die wirkliche Fummelei aber besteht darin, das andere Ende der Kabel
durch die Kanäle zu friemeln und dann in das Patch-Board
einzuflechten. Auch nicht wirklich schwierig, aber es ist nichts,
das man unausgeschlafen machen sollte. Das, äh, kann ich jetzt aus
Erfahrung sagen.
Die Verlängerung des Brüstungskanals ist dagegen fast eine Wonne:
alles was man braucht, ist eine Wasserwaage und einen Bohrer. Dann
werden wie oben ein Becher für die Ethernet-Anschlüsse und zwei für
Steckdosen eingebaut.
(Um Missverständnissen vorzubeugen: Hier wurde ein bestehender, leicht
zugänglicher Stromkreis mit zwei Steckdosen erweitert, kein neuer
Kreis gelegt — wie Dirty Harry so schön sagte: A man’s got to know his limitations.)
Schließlich werden die Deckel der Brüstungskanäle eingeschnappt und
siehe da, weg sind die hässlichen Kabel. Erfolg!
(Auf dem Foto erkennt man ein Problem: Ein gewisser Jemand hat nicht
aufgepasst und deswegen haben die Abdeckungen der Ethernet-Anschlüsse
eine etwas andere Farbe als der Rest. Well, frak. Sollte sich
die Gelegenheit ergeben, werden wir die Abdeckungen austauschen, aber
das ist erstmal nur ein Detail. Auch die Abdeckung des senkrechten
Kabelkanals in der Ecke kommt später, wenn wir wissen, welcher Teil
davon durch Regale verdeckt sein wird. Von diesen Deckeln haben wir
nämlich nicht mehr so viel übrig.)
Am Ende unserer Mühen stehen über die Brüstungskanäle folgende
Anschlüsse zur Verfügung: A: 1 Steckdose B: Nichts C: 2 Steckdosen, 2 x
Ethernet D: 2 Steckdosen E: 1 Steckdose, 2 x Ethernet, Telefon G: 3
Steckdosen, 2 x Ethernet Rechte Wand: 2 Steckdosen, 2 x Ethernet
Dazu kommen noch zwei Steckdosen, die bereits an der H-Wand liegen,
direkt neben der Tür, unter Putz.
Zur Erinnerung: D wird (vermutlich) der Hauptsitzplatz und die Stecker
dort am Brüstungskanal laufen Gefahr, getreten zu werden. Wenn möglich
werden diese Steckdosen überhaupt nicht benutzt. Die Dosen bei G
werden auch nicht direkt verwendet, sondern über Leisten laufen, damit
die nicht benötigten Geräte ganz ausgeschaltet werden können. Standby
schluckt Strom.
Das Patch-Board und die anderen Geräte hängen jetzt immer noch an
irgendwelchen Haken an der Wand. Das wird auch so bleiben, bis wir in
dieser Ecke die Schreibtische aufgebaut haben.
Schließlich: Wer aufmerksam die Anschluss-Liste studiert hat, wird
sich wundern: Warum gibt es am Kinderschreibtisch H keinen
Ethernet-Anschluss? Tatsächlich habe ich sehr lange überlegt, auch
dort ein Stück Brüstungskanal anzubringen und ein Kabel zum
Patch-Board zu führen. Das wäre gar nicht so schwierig: Wie wir bald
besprechen werden, kommt ein Holzfußboden auf Latten ins Zimmer
(während wir hier mit Leitungen herumspielen, akklimatisieren sich die
Dielen). Das Kabel könnte einfach unter dem Fußboden verlaufen.
Das Argument dagegen lautet aber, dass die Regel “keine Computer im
Kinderzimmer” sich irgendwann erübrigt haben wird, vermutlich früher
als uns lieb ist. Ob wir dann an dieser Wand noch einen Schreibtisch
haben wollen, ist eher fraglich. Deswegen lassen wir das
Ethernet-Kabel für den Kinderrechner doch von einem der
Ethernet-Anschlüsse unter C an der linken Wand entlang zum
Schreibtisch H laufen. Ja, da ist es wieder, ein langes, langes Kabel.
Verdammt.
Ob das wirklich die richtige Entscheidung ist, werden wir sehen
müssen. Für den Moment sind wir mit den Kabeln fertig. Bevor wir
endlich anfangen, die Dinge wieder aufzubauen, fehlt noch ein Schritt:
Ein Prototyp der Schreibtische, um zu testen, ob meine ganzen ach so
superklugen Ideen auch wirklich funktionieren werden.
One Response to Ein Arbeitszimmer für den Autor, Teil 6 “Kabelkämpfe”