Der regelmäßige Leser wird wissen, dass es im Hause Stevenson gewisse Spannungen bei der Nutzung des Gartens gibt: Sabine pflanzt Blumen, ich pflanze Gemüse. Dummerweise ist das Ganze ein Nullsummen-Spiel, denn wo Rosen stehen, kann kein Mais hin, und die Erbsen wuchern das Steinkraut zu. Es kommt dann zu Situationen wie in diesem Jahr, als von unter den Radieschen plötzlich irgendwelche Monsterblumen durchbrachen. Oh, heißt es dann unschuldig. Die waren dann wohl doch mehrjährig. Wer hätte das gedacht?
In solchen Situationen wird man erfinderisch.
Im Baumarkt gibt es schwarze, etwa kniehohe 50-Liter-Kübel. Füllt man sie bis knapp unter dem Rand mit Erde, kommt pro Eimer eine Fläche von etwa einem Achtel Quadratmeter heraus. Wir haben inzwischen sechs davon, in unauffälligen Etappen gekauft. Bedenkt man, dass der Pädagogische Gemüsegarten gerade um die sieben Quadratmeter groß ist, ist das schon etwas. So ein Kübel kann jeder auf seinem Balkon stellen, auch wenn vermutlich einige Leute dafür ihre Bierkästen zur Seite räumen müssen.
Ja, aber was will man denn bitte als Gemüsebauer mit einem Achtel Quadratmeter?
Zuerst muss man gerade diese Einschränkung das als Herausforderung sehen. Bei den Amis spricht man von dem Prinzip des square foot gardens (entspricht etwa einem Zehntel Quadratmeter), wenn auch nicht in Kübeln, sondern in Kisten auf der Erde. Die Frage lautet dann: Was kann ich denn auf so einer kleinen Fläche züchten? Radieschen, das ist klar (diesmal aber sicherstellen, dass dadrunter keine Blumenzwiebeln versteckt sind). Auch Karotten, Buschbohnen und Salat sind nicht die ganz große Herausforderung — man muss zwar viel eher gießen als bei Gemüse im Boden, aber das war es auch.
Aber was mit Kartoffeln? Schon schwieriger, denn bekanntlich müssen die Samenkartoffeln etwas tiefer in die Erde, und später häuft man um die Triebe kleine Hügel auf, um die wachsenden Knollen von Licht zu schützen. Im Pädagogischen Gemüsegarten ist entsprechend einer Variante der Drei-Felder-Wirtschaft immer ein Drittel für Kartoffeln reserviert. Dort ist das kein Problem. In dem 50-Liter-Eimer kämpft man schon etwas. Bislang ist die Eimer-Ausbeute etwa halb so groß wie die auf dem freien Feld. Aber wir arbeiten daran.
Kübel sind auch der beste Ort für Experimente, die man erstmal nicht in seinem Hauptbeet vornehmen will. Nehmen wir „Biokohle“ (biochar), eine Variante von Holzkohle, die nicht nur bessere Ernten ergeben, sondern auch gleich die Welt retten soll. Im Kübel kann das erstmal im Kleinen getestet werden ohne Angst haben zu müssen, dass Zeug nicht mehr aus dem eigentlichen Garten zu bekommen (außerdem bleibt die Schweinerei durch den schwarzen Staub begrenzt). Das gleiche gilt für andere Verfahren der Bodenverbesserung (soil building) wie verschiedene Arten von Gründünger – Klee oder Buchweizen zum Beispiel.
Es gibt natürlich auch größere Kübel. Aber 50 Liter scheint das Volumen Erde zu sein, das Normalsterbliche bequem zu zweit herumschleppen können, ohne sich gleich einen Bruch zu heben. Dann ist es viel einfacher eine Ecke zu finden, in der alle mit dem Kübel leben können — und wenn es hinter den Rosen ist.
3 Responses to Der beliebig erweiterbare und frei kombinierbare 50-Liter-Garten