Zu Besuch in einem besonders schönen Zimmer

Besitzer: Emilie
Wo: Irgendwo in Berlin

Eigentlich bin ich zu Constanze gefahren um ihre Küche zu sehen, von der mir schon so viel erzählt wurde. Die ist auch großartig und ich stelle sie in den nächsten Wochen irgendwann vor. Weil mir das Wohnkonzept insgesamt so gut gefiel – eine Wohnung aus zwei verschiedenen Ladengeschäften zusammengebaut (ja, auch das gibt es als Gesamtpaket später) –  habe ich mir gleich alles angeschaut.

Es ist an sich sehr beeindruckend, aber das letzte Zimmer hat mich dann staunend erwischt. Es ist ein Kinderzimmer, das von Constanzes und Dirks Tochter Emilie. Ein ganz normales Kinderzimmer, fröhlich, bunt und warm.  Aber Emilie ist nicht „normal“ nach gesellschaftlichen Maßstäben sondern schwer behindert. Ich weiß nicht wirklich, was ich erwartet habe, aber wahrscheinlich doch eher einen nüchtern sachlich, funktionell eingerichteten Raum.

Funktionell ja, nüchtern sachlich? Ein großes Nein. Durch die große Glasfront – wie gesagt, das Ganze war früher mal ein Ladengeschäft – ist das Zimmer unglaublich hell. Das erste, was man sieht, wenn man reinkommt ist eine gigantische rote Couch, bei der ich schwer an mich halten musste, nicht mit Anlauf drauf zu springen. Decken und Kissen laden zum kuscheln ein.

Die Wände, wie auch ein Teil der Möbel sind bunt bemalt, Frösche tanzen als Bordüre einmal rundherum. Gut, es hilft, dass die Mutter  Künstlerin ist, aber das mindert nicht die Fröhlichkeit, die das Zimmer dadurch ausstrahlt. Besonders die Frösche haben es mir persönlich ja angetan.

Was das Zimmer von anderen Kinderzimmern unterscheidet sind die kleinen und nicht so kleinen Details, die der Krankheit geschuldet sind. Da sie aber ganz selbstverständlich eingefügt sind, sieht man sie erst auf den zweiten oder gar dritten Blick. Beispielsweise ein Griff an der Wand, um sich hochzuziehen. Oder ein Heizelement über dem Bett.

Ein etwas größeres Detail ist das Funktionsbett. Es ist vollkommen auf die Bedürfnisse eines behinderten Menschen abgestellt, aber es sieht nicht so aus. Eigentlich hat es mehr was von einer gemütlichen Höhle ohne Dach. Durch die Umrandung mit Holz und Kunststoff ist es rausfallsicher, damit Eltern und Kind eine ruhige Nacht haben.

Emilies Zimmer ist die Art von Raum, aus dem man fröhlicher und leichter rauskommt, als man reingekommen ist. Ich wünschte, ich hätte die Ideen gehabt für meine Kinderzimmer.

Und können wir bitte noch mal über die Frosch-Bordüre reden?

 

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, das Zimmer so bunt zu gestalten?

Es gab schon mehrere Zimmervarianten für Emilie, bunt waren sie alle. Das Babyzimmer eher weiß. Insgesamt bin ich ein großer Freund von Farben und wähle diese grundsätzlich sehr intuitiv aus. Selten habe ich einen Plan im Kopf. Oft geben ganz pragmatische Dinge eine Richtung vor, wie: Welche Farben habe ich gerade im Haus, welche Stoffe liegen im meinen Kisten, welche Möbel kommen in diesen Raum, welche Kissen, Decken, Vorhänge, Teppiche ect. exitieren? Daraus entsteht ein Bild von diesem Raum in meinem Kopf, welches ich dann umsetze. Ich arbeite gern mit schon vorhandenen Dingen und ergänze dann das Fehlende ganz gezielt.
 

Warum in diesen Farben?

Das große Pflegebett mit den bunten Stäben und das große rote Sofa gaben die Grundrichtung vor. Ebenso waren die Wände schon in diesem Vanillegelb gestrichen. So ergab sich ein Dreiklang der Grundfarben Rot/Blau/Gelb. Die bunten Stäbe vom Bett habe ich im Wandfries wiederkommen lassen, gekrönt von den Fröschen. Emilie lag lange aufgrund ihrer fehlenden Körperspannung da wie ein Fröschlein. Und ich hatte immer die Assoziation zum Froschkönig, dem verzauberten Prinzen. So dachte ich, könnte sich auch Emilie mit viel Liebe zu einer Prinzessin verwandeln. Und das hat sie auch. Und so hat sie natürlich auch eine Prinzessinnenkinderzimmer verdient…

Welche Schwierigkeiten gab es dabei, die Funktionalität einzubinden?

Schwierig war die Größe und Sperrigkeit der Hilfsmittel. Das Bett ist sehr raumgreifend, so daß man es nur zum Mittelpunkt machen kann, weil verstecken läßt es sich nicht. Der Rollstuhl hatte nur noch im Flur Platz, die Beinschienen sind versteckt in der Ecke, der Keil hinterm Sofa, die vielen Windelpakete unter der Kommode… Es sind so viel notwendige Dinge, die irgendwo einen Platz brauchen.

Wenn Ihr könntet wie Ihr wolltet, was würdet Ihr an diesem Zimmer verändern?

Ich hätte gern noch mehr Raum, um z.B. in der Hängematte wild schaukeln zu können. Bald werden auch die Kommoden für ihre Kleidung nicht mehr ausreichen, und wir brauchen dann einen Schrank. Aber dann wird sich auch die passende Lösung finden.

Was gefällt Euch an dem Zimmer am besten?

Ich liebe das große rote Sofa, weil wir alle drei gleichzeitig darauf lümmeln können. Manches gemütliche Schläfchen hat uns schon dort übermannt.
Auch Emilie bedeutet dieser Platz viel, weil sie dort liegt, wenn ihr Opa kommt, um mit ihr zu musizieren. Wenn er die hellen Glöckchen läutet oder er am Klavier spielt, lacht sie voller Freude.

Und was Emilie?

Emilie liebt ihr großes Bett, am besten wenn die tollen Snoezelenlichter darüber an sind und und sie voller Übermut mit ihrer „Scheppermaschine“ spielen kann. Dann bebt ihr zarter Körper von Lachen… Oder ich massiere sie zur Abendwäsche auf diesem Bett, und sie kichert sich kringelig, weil es so sehr kitzelt.

 

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