Zu Besuch in der Schlachthaus-Küche

Besitzer: Sandra und Thomas
Seit: Haus gekauft 2002, Küche fertig seit 2004
Wo: In einem Dorf im Speckgürtel von Berlin

Der erste Gedanke, den man hat, wenn man zu Sandra und Thomas in die Küche kommt, ist, dass man sich irgendwie in der Gegend geirrt haben muss. So eine Küche erwartet man eher in einem Loft in New York oder London, wenn man ganz großzügig ist vielleicht noch in einer hippen ausgebauten Fabriketage in den Tiefen Berlins. Ganz sicher aber nicht in einem Haus mitten in einem mehr oder minder verschlafenen Dorf.

Aber auch in verschlafenen Dörfern im Speckgürtel, gab es „Industrie“ im weitesten Sinne und das Haus der beiden gehörte dazu. In seinem früheren Leben war es mal eine Eisfabrik und davor ein Schlachthaus. Wenn man genau hinschaut, dann sieht man das noch heute.

Denn Sandra und Thomas haben genau diesen industriellen Charakter des gesamten Hauses erhalten und die Küche in diesen Stil integriert. Das fängt bei dem Industrieofen an, der die Küche im Winter heizt – sehr, sehr warm heizt, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Zusammen mit dem Tisch, auf den Sandra eigenhändig Linoleum aufgebracht hat, ist er der Mittelpunkt des gesamten Hauses, vor dem sich von Hund bis Kind alles sammelt.

Selbst an regnerischen Tagen fällt auf, wie hell diese Küche ist. Die große Fensterfront geht zum Garten und die Betonfensterbank ziert japanisch angehauchte Deko, die dem Asia- Faible des Hausherrn Rechnung trägt. Daneben geht eine hohe Tür auf die Terasse hinaus, auf der im Sommer gesessen und ein gutes Glas Wein getrunken wird. Die Fensterrahmen sind aus Holz, damit kein Kunststoff den Gesamteindruck ruiniert.

Um die gesamte Raumstruktur mit den breiten Fenster- und Türleibungen zu erhalten – und um stilecht Stauraum zu schaffen – haben die beiden in einen der Türbögen einen Einbauschrank gebaut. Wie alles in dieser Küche selbst geplant und verwirklicht. Dabei wurde alt (Türbogen) und neu (IKEA-Schranktür) kreativ miteinander kombiniert. Ebenfalls beibehalten wurden auf beiden Seiten der Küche die Kacheln – sie waren ganz offensichtlich ein wichtiger Bestandteil des alten Schlachthauses und wurden quasi als Ur-Mutter aller Fliesenspiegel neuer, alter Bestimmung zugeführt.

Was ich an dieser Küche, in der ich mittlerweile oft gesessen habe, so schätze, ist die einmal die Unaufgeregtheit, in der die gesamte Umgebung daherkommt. Nichts wirkt dekoriert oder arrangiert sondern einfach so, als ob es schon immer dahin gehört hat.

Zum anderen sind es die schönen Kleinigkeiten. Wie beispielsweise die alte, schwarze Dreiersteckdose unter den Töpfen, die noch original ist. Oder der Wasserhahn, der direkt aus der Fensterbank kommt und sein Wasser in ein großes, viereckiges Industriewaschbecken abgibt. Die alte Metallwaage. Der alte Emailleteekessel. Es ist einfach stimmig und offensichtlich mit viel Liebe zu Detail ausgesucht, ohne dabei lieblich zu wirken.

Das sind, zugegeben, alles Dinge, die mir erst beim zweiten und dritten Blick aufgefallen sind. Denn ganz ehrlich, als ich das erste Mal die Küche betrat, konnte ich mir nicht vorstellen, wie man hier gemütlich sitzen und die Zeit verquasseln kann. Jetzt kann ich es mir nicht nur vorstellen sondern habe es öfter getan, als mir lieb und meinem Zeitmanagement lieb ist.

Sie ist einfach das, was für eine Küche sein soll: Der gefühlte Mittelpunkt des Hauses.

Sie selbst sehen Ihre Küche so:

Wie würdet Ihr den Stil Eurer Küche beschreiben?

Unsere Küche hat wie die gesamte Wohnung Loftcharakter. Historische, industrielle Elemente wie beispielsweise der alte Fliesenspiegel und der Heizkörper vermischen sich mit modernen Elementen. Hinzugefügt haben wir eine Betonfensterbank, den Betonfließboden und ein großes Panoramafenster nebst Terrassentür zum Küchengarten.

Seit wann habt Ihr sie in der Form?

Wir nutzen unsere Küche seit über sechs Jahren nahezu unverändert.

Selbst designt, designen lassen oder eine Mischung aus beidem?

Wir sind Selbstgestalter.

Was gefällt Euch an Eurer Küche am besten?

Der sachlich unaufgeregte Charakter.

Was ist Euch generell in einer Küche am wichtigsten?

Wir schätzen hohe Arbeitsflächen von mindestens 90 cm Höhe, eine offene Raumwirkung (keine Hängeschränke).

Wenn Ihr könntet, wie Ihr wolltet, was würdet Ihr Euch für Eure Küche noch anschaffen?

Unbedingt einen professionellen sechsflammigen Gasherd mit elektronischem Backofen.

Wie sieht für Euch das perfekte selbstgekochte Essen aus?

Lebensmittel nach der Saison, ein neues Rezept, das am Ende allen schmeckt und viel Lob einheimst.

Was habt Ihr gestern gekocht?

Falafel

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